Schon am 1. Juli trafen wir uns, um die theoretischen Grundlagen zu erarbeiten: Ulrike, Wilma, Meltem, Lisa, Melissa, Rita, Gudrun und Hans. Einige hatten in letzter Zeit schlechte Erfahrungen mit dem Smartphone unterwegs gemacht: Akku leer, zwei Teilnehmende berichteten gar, dass das Handy wg. Überhitzung abschmierte. Ein Ziel haben alle: schöne und sichere Touren planen können.
Es geht in diesem Kurs nicht darum, die digitalen Möglichkeiten nicht zu nutzen. Alpenvereinaktiv kann viel mehr als nur fertige Touren anbieten. Viele, die dem blauen Strich nachlaufen, können unterwegs keine Alternativroute wählen, falls mal ein geplanter Weg nicht gangbar ist oder man aus anderen Gründen die Tour umplanen muss. Deshalb: Karte lesen können, egal ob digital oder auf Papier!
Also beschäftigten wir uns am 1. Juli mit
Kartenarten – Äquidistanz – Legende – Vektorkarten. Wir übten Geländeformen aus der Karte heraus zu lesen, das A & O.
Grundlagen von alpenvereinaktiv Web/App: Downloaden von Karten zur späteren offline-Nutzung und Tourenplanung mit der App, also einfach Basic-Nutzung
Nachdem mancher nun abends keinen Krimi mehr vorm Einschlafen las (das hoffe ich!?), sondern lieber die Wanderkarte wälzte, machten wir uns auf, die Theorie in die Praxis um zu setzen:

Samstag morgen starteten wir in Laterns-Thal hinab in die Üble Schlucht. Faszinierend. Wie klein wir in dieser gigantischen Spalte der Frutz sind! Der Aufstieg hinauf zum Naturfreunde-Gerachhaus (1565m) verlief auf Fußpfaden, über ein Forstwegsgewirr an Almen vorbei. Immer wieder hielten wir, um das Kartenbild mit dem Gelände zu vergleichen, zu schauen, wo wir uns gerade befinden und wo es lang geht. Aber auch auch, um Erdbeeren zu naschen. Jemand schlug vor, einen gestrichelten/gepunkteten Weg (auf der Karte) zu nehmen. Ja, ist das ein Weg? Es stellte sich heraus, dass das eine Gemeindegrenze war! Gehen wir auf einem Rücken, durch eine Rinne oder einen Tobel? Mittags erreichten wir den Kamm zwischen Übersaxen und Gerachhaus. Rast. Und endlich Weitblick nach Süden, so dass wir unsere Topografische Karte 1:25.000 Hohenems weglegten und die Kompasskarte 1:50.000 Vorarlberg hervorholten.

Erst einmal einnorden mit Hilfe des Kompass. Da unser Standort bekannt war, übten wir, markante Punkte an zu peilen und mit Hilfe der Karte zu erkennen. Zimba, Drei Schwestern, Schesaplana …. Das sind die ersten Schritte mit dem Kompass. Wir legten unser Nachmittagsziel fest: Kaiserschmarrn auf dem Dünser Älpele.
Am Gerachhaus wartete der Wirt schon auf uns, schürte nebenbei das Feuer unterm Yakuzi, leider nicht für uns. Aber uns war warm genug. Frisch geduscht, mit Karten, Stift und Schreibblock unterm Arm wanderten wir den kurzen Pfad zum Dünser Älpele. Dort wird man im Sommer verköstigt. Auf der Terrasse sitzt es sich herrlich. Das Angebot ist sehr lecker, regional und bodenständig. Gegen fünf kamen die Kühe mit prallen Eutern an. Der Wirt verschwand im Stall zum Melken. Sie haben ca. 20 Kühe im Sommer zu versorgen und 100 Stück Jungvieh.
Wir sprachen gemütlich auf der Terrasse sitzend die Orientierung an der Natur durch, verschiedene Höhenmesser, probierten den Planzeiger als Planungshilfsmittel für zu Hause aus. Und vertieften unser Kartenwissen. Natürlich probierten wir auch die Offline-Nutzung von alpenvereinaktiv aus. Und schon kam das Essen: Hausgemachte Kasknöpfle, Kaspressknödel in verschiedenen Variationen u.a.m.
Wir genossen ausgiebig die tolle Sicht ins Rätikon, zum Alpstein und in die Silveretta. Je nach Sonnenstand sieht es doch immer anders aus.

Eine Teilnehmerin musste ihrem Knie zuliebe auf unsere Tour am Sonntag verzichten. Glücklicherweise fährt ein Bus vom Älpele hinab ins Tal zum Bahnhof. Nach einem schönen Frühstück im Seminarraum-Hüttchen mit herrlicher Aussicht starteten wir direkt gen Hochgerach. Da es schon ab ca. 13 Uhr gewittern sollte, ginge wir direkt, nicht erst über die Äußere Alpila. Heute standen auf dem Programm: neue Geländeformen (Mulde, Kar, Grat) erkennen, mit dem Kompass den eigenen Standort bestimmen anhand markanter Geländepunkte, die uns bekannt sind.
Durch einen märchenhaften Wald mit Moortümpeln starten wir. Hinauf gehen wir den blau-weiß markierten Walsergrat (T4) gen Gipfel. Für einige eine Herausforderung, die mit Konzentration und Bravour gemeistert wird. Auf dem Übersaxener Hochgerach tippen wir das Gipfelkreuz an und gehen weiter über den rot-weiß markierten Grat zum Dünser Hochgerach. Oh je, vom Alpstein scheint eine Gewitterzelle herüber zu kommen!
Mittlerweile gibts meist nur eine Antwort, wenn jemand nach dem Namen eines Berges fragt: „Guckst du Karte!“ Auf dem Gipfel können wir die Karte ausbreiten und mal das „seitwärts einschneiden“ ausprobieren: die Standortbestimmung mit dem Kompass. Man muss sehr genau arbeiten. Jedes Kompassmodell hat seine Besonderheiten. Witzigerweise spricht uns am Gipfel eine junge Frau an, die die Rundwanderung vom Älpele aus macht. Der Akku Ihres Handys ist leer. Sie bat uns, sie mit hinunter zu nehmen. Das machen wir natürlich.
Unser Abstieg führt uns auf die Nordseite des Hochgerach, über die Obere Hensleralpe gehts im steilen Bergwald hinab zur Frutz. Ein Ausrutscher verläuft glimpflich, aber sie musste Haare lassen. Glück gehabt, zumal Mountainbiker den Forstweg entlang rauschten. Nun müssen wir entscheiden: baden oder weiter hinauf zum Kühboden ins Cafe? Der nächste Bus fährt erst in 1 3/4 Stunden. Der Kaffeedurst überwiegt. Am ehemaligen E-Werk von Innerlaterns steigen wir himbeegesäumte Wege hinauf. Auf der Terrasse des Yufa-Hotels lassen wir die schnell vergangenen zwei Tage Revue passieren und geniessen die weite Aussicht.
Klar ist, man kann nicht sofort nun alle Karten lesen. Es Bedarf wie so vieles weiterer Übung. Also immer öfter beim Rasten die Karte raus holen und die Landschaft und die Wegabschnitte mit der Karte vergleichen. Eine wichtige Frage gab es noch zu klären: Wie liest man die Schwierigkeitsgrade des Weges aus der Karte? Das geht nur bedingt, eben anhand der Steilheit und der Auszeichnung. Am genauesten sind da doch die Alpenvereinskarten und auch manche Schweizer Landeskarte. Klettersteige sind meist gekennzeichnet, aber nicht deren Schwierigkeitsgrad. Es gibt auch den Unterschied zwischen eine seilversicherten Weg und einem Klettersteig. Ein unendliches Thema!
Ich hoffe, Ihr konntet so einiges mitnehmen und auf Euren zukünftigen Touren anwenden. Schön, dass Ihr dabei wart: Wilma, Ulrike, Hans, Gudrun, Meltem, Melissa und Rita. Wir waren ein echt buntes Grüppchen!
Statistik:
Samstag: 12km/950hm/390m Abstieg/T3/K2/5:10h Gehzeit
Sonntag: 9km/570hm/1080m Abstieg /T4/K1/4:10h Gehzeit
Autor: A. Lux 15.7.2025